SPI-N6, aus der Serie Woodcuts, © Andreas Urschler.

Mit seinen «Woodcuts» fokussiert Andreas Urscheler auf den Querschnitt verwitterter Holzstämme. Diese findet er bei alten Stadeln und Spychern in den Schweizer Alpen. «Für mich beinhaltet ein ‘Woodcut’ viel mehr als nur komprimierte Zeit. Er symbolisiert drei Leben», schreibt der Zürcher Fotograf.

Andreas Urscheler hat sich als Künstler und Fotograf auf grossformatige Kunstdrucke in limitierter Auflage spezialisiert. Seine Leidenschaft gilt der Handwerkskunst und der Schönheit alter Stadel und Hütten in hochalpinen und abgelegenen Gebieten der Schweizer Berge.

Vor mehr als zehn Jahren entdeckte er bei einer Schneeschuhtour in den Bündner Alpen einige verlassene und baufällige Stadel. Diese wurden einst von Bergbauern als Lager und Unterkunft genutzt. Besonders fasziniert haben den Fotografen die verwitterten Endstücke der Stämme bei den Eckverbindungen der alten Bauten: «Jeder Querschnitt ist anders, hat eine eigene Geschichte und ist ein Individuum auf seine Weise», schreibt er. Diese Motive nennt Andreas Urscheler «Woodcuts». In der Zwischenzeit hat ihn die Suche nach Sujets an weitere Orte in den Schweizer Alpen geführt.

Ein horizontaler Querschnitt durch den Stamm eines Baumes zeigt Jahresringe, die mit Hilfe der Dendrochronologie – der wissenschaftlichen Methode zur Datierung der Ringe – untersucht werden können. Urschelers «Woodcuts» haben indes eine weitere Dimension. Sie fokussieren auf den Querschnitt der verwitterten Holzstämme. «Was mich fasziniert, ist diese weitere Reifung des Holzes», so der Fotograf.

Ein «Woodcut» symbolisiert für Andreas Urscheler drei Leben. Das erste Leben beschreibt er als «das Leben eines gesunden Baumes bis zu dem Tag, an dem Sägen und Äxte das Leben eines lebenden Organismus beendeten.»

Zum zweiten Leben hält der Fotograf fest: «Der Baum wurde in einer gestapelten Blockwand eines Stadels zum Baumaterial. Mehrere Jahrhunderte später verfielen einige der Ställe und wurden aufgegeben. Damit ging das zweite Leben im Sinne des Verwendungszweckes des Holzes zu Ende. Die Querschnitte der Stämme sind jedoch immer noch da und erlauben uns einen Blick in den Atem der Zeit und der Epochen. Harte Winter, heisse Sommer und die trockene Luft in den sonnigen Höhenlagen haben ihre Spuren hinterlassen: Der einstmals vollkommen flache Querschnitt hat sich aufgespreizt und Struktur bekommen. Zudem ist das Holz noch lange nicht tot, im Gegenteil. In den verwitterten Endstücken haben sich Risse und Spalten gebildet. Neues Leben in Form von Moos, Flechten und Pilzen entsteht.»

Schliesslich das dritte Leben: «Gerahmt und an einer Wand hängend werden die ‘Woodcuts’ als grossformatige Kunstdrucke lebendig und regen den Betrachter zum Denken an. T(h)ree Lives. Sie erinnern an Mandalas, sind eine Metapher des Lebens. Eine Denkfigur zum grossen Thema Werden, Sein und Vergehen.»

Die Galerie Palü in Pontresina zeigt die «Woodcuts» vom 21. Juni bis am 24. September 2021.

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