Die Photo Münsingen war übers Auffahrtswochenende zum 18. Mal Mekka von gegen 4000 Fotobegeisterten. Im OK des Anlasses ist Niklaus Messer für PR und Sponsoring verantwortlich. 42mm.ch sprach mit dem Mitgründer des Fotoclubs Münsingen über Profis, Amateure und den Klub-Wettbewerb.
Die Photo Münsingen will die Brücke zwischen Amateuren und Profis schlagen und hat daher ein sehr umfangreiches Programm. Wie stellen Sie dieses Programm zusammen?
Da wir selbst aus dem Fotoclub kommen, war die Idee von Anfang an, dass wir eine starke Schiene über Klubs und die Amateurfotografie fahren. Wir haben also einerseits den Klubwettbewerb, der in diesem Jahr unter dem Motto „A Place to stay“ stand. 57 Clubs aus der ganzen Schweiz und dem angrenzenden Ausland haben dazu eine Arbeit eingereicht die hier präsentiert, juriert und ausgezeichnet wurde. Das ist die Clubschiene. Gleichzeitig zeigen wir aber auch viele engagierte Profis und bekannte Fotografen.
Wie wählt ihr da die Ausstellenden aus?
Wir besuchen einerseits Ausstellung im In- und Ausland, waren zum Beispiel schon einige Male am Festival in Arles. Auch in diesem Jahr hat es wieder Fotografen, die wir dort getroffen und angefragt haben. Es kommt andererseits auch vor, dass wir zum Beispiel in der Zeitung etwas sehen, und dann auf die Fotografen zugehen und ihnen diese Plattform anbieten. Weiter haben wir mit diesen 18 Durchführungen, die wir jetzt hatten, auch eine recht grosse Bekanntheit, so dass sich Fotografen selbst melden. Wir haben dann das Ressort Ausstellungen, bei dem ein Team von vier, fünf Leuten die Arbeiten anschaut und bestimmt, wer kommen kann und wo das hin passt.
Gibt es jährlich ein Oberthema?
Das gibt es nicht, nein. In früheren Jahren hatten wir manchmal versucht das Thema des Clubwettbewerbs, in andern Ausstellung weiterzuziehen. Aber es ist schwierig, dass dies auch glückt und dass es dann gute, unterschiedliche Arbeiten gibt.
Mit 28 Ausstellungen in diesem Jahr ist die Photo Münsingen tatsächlich sehr gross. Man kann an einem Tag kaum alles anschauen. Weshalb braucht es überhaupt so viel?
Wir sind ja auch vier Tage da. Wenn sich also jemand wirklich interessiert, dann kommt der vielleicht zwei Tage und besucht noch ein Seminar. Aber es ist schon so, es ist sehr umfangreich und es gibt auch verschiedene Interessen der Leute. So schauen sich die einen alles an – wir haben Beispiele von Leuten, die sich vier Tage in Münsingen einquartieren – und andere kommen nur zwei Stunden und picken sich gezielt zwei, drei Ausstellungen heraus.
Spielt da auch die Idee mit, dass es genug Platz für Fotoklubs gibt, die etwas gutes machen und das auch zeigen möchten?
Wir haben für die Fotoklubs verschiedene Ausstellungsplattformen. Einerseits stellt der Fotoklub Münsingen zu seinem Jahresthema im Blumenhaus aus. Das ist auch Motivation für die Clubmitglieder, damit sie helfen, das ganze auf die Beine zu stellen. Auf der andern Seite haben wir einen sehr guten Kontakt zu den umliegenden Fotoklubs. Belp, Thun, Bern und Solothurn helfen auch aktiv mit. Da haben wir weitere Formate, zum Beispiel Collagen, die wir auf einem Grossbildschirm zeigen. Weiter können auch Leute aus Fotoclubs eigene Ausstellungen haben. Sie müssen dann natürlich die Selektion durchlaufen.
Die Ausstellung ist – ausser den Seminaren – gratis. Wie finanziert ihr das?
Wir finanzieren sie durch Sponsoren, die natürlich auch präsent sind, durch die Beiträge der Fotoklubs, die an den Wettbewerb etwas zahlen und durch Spenden. Dann probieren wir natürlich auch bei der Restauration noch etwas reinzubekommen.
Ein Eintritt wäre kein Thema?
Aus Ressourcengründen ist das schwierig. Wir müssten zusätzlich Helfer haben, um das zu kontrollieren. Und bei den Aussenausstellungen ist das Areal ja offen. Ausserdem müssen wir den Klubs, die ausstellen, auch den Zutritt ermöglichen.
Zurück zum Clubwettbewerb: Wie funktioniert der genau?
In der Regel ist es so, dass die Fotoklubs zunächst intern einzelne Teams bilden. Vier oder fünf Mitglieder gestalten dann gemeinsam ein Tableau. Der Fotoklub entscheidet intern, welches an die Photo Münsingen geht. Hier kommen dann 57 Tableaus mit vier bis fünf Bildern an, die vor eine mit Fotografen bestückte Jury gelangen. Die schaut sich neutral – also ohne zu wissen, wer hinter den Bildern steckt – die Tableaus an und bewertet mit Punktzahlen. So ergibt sich ein Sieger, der den Photo Münsingen Award gewinnt.
Welche Kriterien bewertet die Jury?
In der Regel sind es die klassischen Kriterien, mit denen man in der Amateur-Fotografie Bilder bewertet. Ist das Thema inhaltlich erfüllt? Ist es technisch gut umgesetzt? Wie ist der Gesamteindruck, wie wirkt das?
Einen detaillierten Kriterienkatalog gibt es nicht.
Nein. Die einen Juroren arbeiten gerne detailliert, andere Fachleute sagen, man muss es relativ offen lassen. Am Schluss entscheidet einfach, ob ein Bild gefällt oder nicht. Man kann Jurymodelle nehmen von links bis rechts, am Schluss ist in den meisten Fällen ein Bild vorn, das überraschend ist, gut aufgenommen ist, eine gute Aussage hat.
Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen Fotoklubs und Profis: Gibt es da einen Graben, distanziert man sich, oder ist das ganze fliessend?
Aus meiner Sicht ist es sehr fliessend. Die sogenannten Profis, mit denen wir hier zusammen arbeiten, beneiden manchmal den Amateur, weil er einfach fotografieren kann, was ihm gefällt und nicht Aufträgen hinterher rennen muss. Manche Profis geniessen es, dass sie hier Sachen ausstellen können, die nicht kommerziell erfolgreich sein müssen. Ein Grund, wieso einige aber zurückhaltend sind, ist, dass sie sich einfach nicht vier Tag für Münsingen reservieren können. Ein sehr gutes Ergebnis haben wir mit den ausländischen Fotografen, die mit ihren Bildern hierher kommen. Mit ihnen machen wir ein Spezialprogramm. Wir führen sie durch die Schweiz und sie haben in Münsingen ihre Führungen durch ihre Austellungen. Sie sind begeistert, weil sie mit den Leuten in Kontakt kommen.
Gibt es Fotografen die sagen: Nein, Photo Münsingen, da sind die Amateure, das interessiert mich nicht?
Wenn man einen grossen Fotografen für die Photo Münsingen anfragt, dann spürt man das im ersten Moment schon auch. Dann heisst es: Was ist das? Wer seid ihr? Was macht ihr? Wenn die Fotografen dann aber sehen, dass das sehr professionell organisiert ist und gut ausgestellt wird, dann sagen sie in der Regel: Es ist sensationell, was ihr macht.
Worauf haben Sie sich persönlich bei dieser Ausgabe der Photo Münsingen am meisten gefreut?
Von vielen Ausstellungen haben wir vorher natürlich Bilder, ab es ist dann immer etwas anderes, wenn wir sehen, wie sie ausgestellt wirken. Speziell habe ich mich dieses Jahr sicher auf René Groebli gefreut, aber auch auf die Fotografen, die wir aus dem Ausland haben. Auf das ganze Spektrum von der klassischen Amateurfotografie bis zum Experimentellen, Kunstvollen. Denn das inspiriert einem auch immer wieder. Eigentlich das Wichtigste in diesen vier Tagen sind aber die Begegnungen. Man trifft Leute und spricht über Fotografie. Das ist auch das, was die Amateure und Fotoclubs am meisten schätzen. Es ist ein Auseinandersetzen mit diesen Themen, man kann diskutieren und fachsimpeln.
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