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Museen, wie geht’s euch?

Nach dem verordneten Winterschlaf dürfen Museen ab dem 1. März ihre Türen wieder öffnen. Wie haben die Ausstellungsorte die Zwangspause erlebt? 42mm.ch hat bei vier Häusern gefragt, wie die aktuelle Situation ist: moralisch, finanziell und im Hinblick auf die Wiedereröffnung.

1. Shutdown

«Ein Museum ohne Besucher, das ist wirklich seltsam. Ein Geisterhaus.» So beschreibt Danaé Panchaud, Direktorin des Photoforum Pasquarts in Biel die Zeit der Schliessung. Das Photoforum war durch die Massnahmen des Kantons Bern ab Oktober geschlossen, öffnete im Dezember für eine Woche und ging dann – wie alle Ausstellungsorte – in den schweizweiten Shutdown.

Etwas länger offen blieb die Photobastei in Zürich. Sie hatte ab dem 9. November teilweise und ab dem 6. Dezember ganz geschlossen. «Es war ein stetes Hin und Her. Das hat die Planung über den Haufen geworfen», blickt Romano Zerbini, Leiter der Photobastei, zurück und ergänzt: «Die fehlenden Besucher*innen drückten auf das Gemüt.»

Auch im Bellevue – Ort für Fotografie in Basel endete die letzte Ausstellung am 6. Dezember. «Die Schliessung war frustrierend. Aber wir hatten Verständnis und eine Lösung gefunden», fasst Koordinatorin Marina Woodtli zusammen.

In erster Linie haben wir die Begegnungen vor Ort vermisst.

Julia Sumi, Kommunikation Fotomuseum Winterthur

Im Fotomuseum Winterthur schliesslich war der 19. Dezember der letzte Ausstellungstag. «In erster Linie haben wir die Begegnungen vor Ort vermisst – mit den Besucher*innen aber auch innerhalb des Teams», hält Julia Sumi, Kommunikations-Verantwortliche des Fotomuseums fest.

2. Homeoffice

Während die Häuser fürs Publikum geschlossen blieben, liefen die Arbeiten hinter den Kulissen weiter. «Das Team hat an neuen Ausstellungen und Publikationen gearbeitet, digitale Formate produziert, Online-Events veranstaltet, Materialien für den Unterricht an Schulen entwickelt, Workshops konzipiert, die Sammlung bewirtschaftet», berichtet Julia Sumi vom Fotomuseum Winterthur.

Das Photoforum Pasquart arbeitete im Home Office. «Da wir keine grösseren Projekte gestrichen haben, hatten wir auch nicht weniger Arbeit oder eine ganz andere Organisation. Alles war einfach länger, komplizierter und unsicherer», so Danaé Panchaud.

Im Bellevue haben die Verantwortlichen an anderen Projekten und anstehenden Programmpunkten weitergewirkt. In der Photobastei wurde aufgeräumt, renoviert und an Strategien gefeilt.

3. Unterstützung

Unterschiedlich sind die finanziellen Auswirkungen für die vier gefragten Ausstellungsorte. Dies dürfte damit zu tun haben, wie die Häuser generell aufgestellt sind. So wird das Photoforum Pasquart zum Teil über einen Leistungsvertrag mit der Stadt Biel, den Gemeinden der Region und dem Kanton Bern finanziert.

«Es war sehr beruhigend, von Anfang an zu wissen, dass unsere Förderung garantiert ist und dass es Verständnis für unerreichte Ziele wie die Anzahl der Besucher gibt», schreibt Direktorin Danaé Panchaud. Insofern habe es wenig Bedarf an zusätzlicher Unterstützung von Seiten der Behörden gegeben.

Es gibt negative Folgen, aber unsere Situation ist nicht katastrophal.

Danaé Panchaud, Direktorin Photoforum Pasquart

Das Photoforum hat für eine Person für eine gewisse Dauer Kurzarbeit beantragt, Stellen mussten keine abgebaut werden. Zur finanziellen Situation insgesamt hält Panchaud fest: «Es gibt negative Folgen, aber unsere Situation ist nicht katastrophal.» Die meisten Einzelmitglieder des Trägervereins hätten ihre Unterstützung beibehalten. Stiftungen und Sponsoren zeigten Verständnis für Massnahmen, wie die vorzeitige Schliessung von Ausstellungen.

Ähnlich dürfte die Lage beim Fotomuseum Winterthur sein. Dieses wird zu rund einem Drittel von Stadt und Kanton finanziert. Stellen mussten keine abgebaut werden. Weitere Details wollte das Museum im Moment nicht nennen: «Das Thema Entschädigungen und Kurzarbeit ist sehr komplex und wir befinden uns inmitten des Prozesses, weshalb wir uns dazu nicht äussern können», schreibt Julia Sumi.

4. Hoffnung

Unsicherer wirkt die Situation bei der Zürcher Photobastei. Das Museum, das gleichzeitig Kultur- und Eventlokal ist, finanziert sich primär durch Eintritte, Veranstaltungen und die Einmietungen von Ausstellenden – also Fotograf*innen die eine Ausstellungsfläche buchen. Diese Einnahmen sind weggebrochen. Im Moment gibt es keine neuen Buchungen. Ein Crowdfunding vor einem Jahr hat der Photobastei zwar neue Gönner*innen gebracht, sie werden allerdings erst im Herbst wieder angeschrieben.

Gemäss Betreiber Romano Zerbini erhält die Photobastei eine Ausfallentschädigung vom Kanton. Für die beiden festangestellten Personen gibt es Kurzarbeit. Den Mitarbeitenden auf Abruf musste gekündigt werden. Glück hat der Ausstellungsort mit seiner Vermieterin, der Stadt Zürich. Sie erlässt der Photobastei die Miete für jene Zeit, in der sie behördlich schliessen musste.

Zurzeit gehen die Liquiden Mittel nur langsam zurück. Dies ändert sich aber, sobald wir wieder die volle Miete bezahlen müssen.

Romano Zerbini, Leiter Photobastei Zürich

«Zurzeit gehen die liquiden Mittel nur langsam zurück», hält Zerbini Ende Februar fest. Dies werde sich jedoch ändern, sobald wieder die volle Miete fällig wird. Zerbini hofft daher auf einen Mieterlass bis im Herbst und hat bei der Stadt ein entsprechendes Gesuch gestellt. Gleichzeitig versucht er, die Räume als Ateliers unterzuvermieten.

Auch auf das Bellevue in Basel hatte die Schliessung finanzielle Auswirkungen. Zwar arbeiten beim gemeinnützigen Verein alle ehrenamtlich. Jedoch verzeichnete das Bellevue gemässe Marina Woodtli Mietausfälle und hatte Aufwände für die Umorganisationen und das Drucken von Flyern. Deshalb wird der Verein Ausfallentschädigung für Kulturunternehmen beantragen.

5. Neustart

Wie geht es bei den vier Ausstellungsorten weiter? Beim Bellevue haben die Organisator*innen nach verschiedenen Verschiebungen und Verlängerungen beschlossen, alle für dieses Jahr geplanten Ausstellungen um ein Quartal zu verschieben. Die Wiedereröffnung ist für Mai vorgesehen. «Wir hoffen fest auf ein baldiges Zusammentreffen und halten uns weiterhin an die notwendigen Schutzkonzepte. Das Bellevue lebt vom direkten Austausch mit den Ausstellenden, Mitgliedern und Besucher*innen», schreibt Marina Woodtli.

Romano Zerbini von der Photobastei rechnet mit einer Rückkehr zum regulären Betrieb im Herbst: «Wir sind optimistisch, dass die Leute die Zeit kreativ genutzt haben und im Herbst wieder ausstellen respektive Konzerte geben wollen.»

Bereits nächste Woche geht es im Fotomuseum Winterthur wieder los: «Wir freuen uns enorm, wieder Besucher*innen bei uns begrüssen zu dürfen. Seit einigen Wochen wartet unsere neue Ausstellung ‘Eva & Franco Mattes – Dear Imaginary Audience’, darauf, vom Publikum entdeckt zu werden.»

Und auch das Photoforum Pasquart in Biel ist bereit. Danaé Panchaud: «Die Ausstellung des Prix Photoforum 2020, deren Eröffnung zweimal verschoben wurde, ist fertig und sie ist sehr schön. Wir freuen uns darauf, sie der Öffentlichkeit zu präsentieren.»

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